Die Ökologie des Wattenmeeres
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Vorland &
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Leben in der
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Leben in der Nordsee

Im Salzwasser der graugrünen Nordsee verbirgt sich Leben in ungeahnter Schönheit und Fülle.
Neben den großen Säugetieren Seehund, Ringelrobbe und Schweinswal leben Fische, Krebse, Muscheln und Schnecken in der Nordsee – sind aber für den Beobachter oft kaum sichtbar. Mit etwas Glück findet man zwar im Flachwasser der Küsten angeschwemmte Tiere, doch weitaus schöner bietet das Meerwasseraquarium der Meeresbiologischen Anstalt auf Helgoland oder das Multimar Wattforum in Tönning Besuchern die Chance, Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten - so weit das denn möglich ist in Gefangenschaft.
Da der Bestand der Aquarien von den Fängen der Forschungsschiffe abhängt, sind die hier gezeigten Tiere lediglich eine Auswahl aus der mannigfaltigen Formenwelt der Nordseebewohner.

Um die schiere Vielfalt besser überblicken zu können, gibt es auf dieser Seite zahlreiche Sprungmarken:

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Ökologie der Nordsee
Das Leben in der Nordsee lässt sich in drei große marine Ökosysteme einteilen: Nekton, Benthos und Plankton.
Nekton: Die Lebewesen, die sich selbstständig fortbewegen können. Dazu gehören Fische, Krebse, Schnecken, Quallen.
Benthos: Darunter fallen alle Lebewesen am Boden und die, die eine eingeschränkte oder keine Mobilität aufweisen. Hierzu gehören z.B. Schwämme, Manteltiere & Blumentiere und Großalgen.
Plankton: Der Begriff ist vom altgriechischen hergeleitet und bedeutet 'das Dahintreibende'.
Die Definition der drei Lebensräume erscheint auf den ersten Blick stringent. Aber obwohl diese Theorie auf Beobachtungen des Lebensraums von marinen Organismen beruht, ist deren Zugehörigkeit leider keineswegs eindeutig. Wie die Abbildung rechts verdeutlicht, gehören einige Organismen im Laufe ihres Lebens unterschiedlichen Ökosystemen an.
Insbesondere trifft das auf die meisten Larvenstadien zu - dann gehören die Lebewesen zum Plankton. Als Beispiele sind hier Makrelen (A) und Quallen (B, Ohrenqualle Aurelia aurita) aufgeführt. Die Quallen gehören während ihres bemerkenswerten Lebenszyklus zu allen drei Lebensräumen: Als Planulalarve und junge Meduse (= Qualle) zum Plankton, als Polyp zum Bentos und als ausgewachsenes Tier zum Nekton. Die hier dargestellte Ohrenqualle kann bis zu 10km/Tag schwimmend zurücklegen, in dem sie ihren Schirm kontraktiert, auch wenn sie häufig nur dahintreibt. Viele Fischarten leben als adulte Tiere (Erwachsene) im Benthos; genau wie z.B. die Großalgen, deren Geschlechtszellen (Gameten) auch zum Plankton gehören. Die Planktonphase dient eher ortsfesten Lebewesen zur Verbreitung. Ein Lebewesen, dass während seines ganzen Lebens nur im Plankton lebt, ist der Ruderfußkrebs (C).
Meeressäuger schließlich sind ein Beispiel für Tiere, die ausschließlich im Nekton leben, da lebendgebärend.

Aufgrund der herausragenden Bedeutung soll das Plankton im Folgenden detaillierter beschrieben werden:
Hierunter versteht man alle Organismen und deren Eier und Entwicklungsstadien, die im Wasser schweben. Viele Organismen machen im Laufe ihres Lebens (als Larven) eine Phase als Plankton durch. Auch bei Plankton unterscheidet man in 'Pflanzen' - Phytoplankton - und 'Tiere' - Zooplankton. Letztere können sich nicht selber mittels Photosynthese vom Sonnenlicht ernähren, sondern müssen Nahrungspartikel aus dem Wasser aufnehmen.
Voraussetzung für die Zugehörigkeit von Organismen zum Plankton ist die geringe Körpergröße bzw. physiologische Merkmale, die das Sinken im Wasser weitgehend verhindern. Dazu gehören zum Beispiel auch Körperanhänge, die die Oberfläche vergrößern (wie bei Ruderfußkrebschen und Dinoflagellaten, s.u.) oder die Einlagerung von Ölen und Fetten, die Auftrieb bewirken (Man denke an die Fettaugen auf einer Suppe). Trotzdem sind die meisten Planktonarten auf die Dynamik des Meeres (Wellenschlag, Strömungen) angewiesen, um in einem optimalen Lebensraum zu bleiben:
Die Unterteilung des Lebensraums geschieht vorwiegend horizontal / in Schichten: - beispielsweise sind ideale Lichtverhältnisse für photosynthetisch aktive Organismen in Abhängigkeit der Wassertiefe zu erreichen. Die Zusammensetzung der Arten in einer Schicht kann also Tageszeitenspezifisch oder auch Jahreszeitenspezifisch sein.
Während viele kleinste Lebewesen ihr ganzes Leben als Plankton verbringen, haben viele auf dieser Seite vorgestellte Arten planktonische Larven: z.B. Krebstiere, Mollusken, Stachelhäuter, Quallen und Fische.
Plankton ist ein wesentlicher Bestandteil so gut wie aller mariner Nahrungsketten.



Einige Vertreter des Planktons:
a) Kieselalgen (auch: Diatomeen) haben ein Silizium-Außenskelett aus zwei Teilen, die wie die beiden Hälften eine Schachtel zusammenpassen. Hier die sehr große Art Kieselalge Coscinodiscus concinnus (Größe: 150-500µm). Sie tritt vorwiegend ab Frühsommer bis Hochsommer auf, wenn viel Licht und Nährstoffe ein rasantes Wachstum ermöglichen. Häufig bilden sie eine Schicht auf Meeresboden, Algen und Krebsen und können von Schnecken abgeweidet werden. Kieselalgen haben braune Chloroplasten für die Photosynthese. Der spezielle Bau weist auf eine besondere Art der vegetativen Vervielfältigung hin: die beiden Hälften trennen sich, eine jeweils kleinere (innere) Hälfte wird neu gebildet. Irgendwann ist die eine Hälfte der Kieselalge dadurch zu klein geworden, dann beginnt sie die sexuelle Vermehrung.
Sinken Kieselalgen zu Boden, bilden die Schalen dort die sogenannte Kieselgur (Diatomeenerde), die in Wasserfiltern, reflektierenden Straßenmarkierungen oder als Scheuermittel in Zahnpasta Verwendung findet.   -  
b) Der Ruderfußkrebs (Calanus helgolandicus) mit Größen zwischen 2,4 und 3,2mm hat einen kurzen Generationswechsel von nur einem Monat bei 7° kaltem Wasser. Er verdrängt durch die steigenden Wassertemperaturen in der zentralen Nordsee die größere Art Calanus finmarchicus (bis 5mm). Dies bedeutet eine Nahrungsverknappung für die Larven zahlreicher Fischarten, zum Beispiel des Kabeljaus.
Ruderfußkrebse gehören sind die Tiergruppe, die in den Meeren am zahlreichsten vorkommt. Die kleinen Krebse spielen eine zentrale Rolle im Nahrungsnetz Meer: Sie fressen kleine Algen und dienen einer Vielzahl von Fischen, Meeressäugern und Vögeln als Nahrung, sind Bestandteil fast jeder Nahrungskette.   -  
c) Der Dinoflagellat (Ceratium horridum) ist sehr klein: Der Durchmesser des Körpers liegt bei 40-50µm, inklusive Hörnern bis zu 400µm. Der Körperbau ist spannend: zweitgeteilt wie der der Kieselalgen, an der oberen Körperhälfte befindet sich ein langer Dornfortsatz (im Bild mittig), an der Unterseite zwei. Zusätzlich besitzen Ceratium Geißeln, die sich bewegen können. Eine Geißel bewegt sich in Spiralen (Lagestabilisierung), die andere wellenförmig (Vortrieb). Der Körper ist grün-bräunlich gefärbt von Chloroplasten, die mittels Photosynthese zur Ernährung beitragen. Phagocythose (Aufnahme von Nahrungspartikeln) ist ebenfalls möglich. Ceratium kann sogenannte 'Rote Tiden' hervorrufen bei massenhaftem Auftreten, sie sind allerdings nicht giftig.   -  
d) Rogen (Fischeier), die kleinen Fischlarven sind kurz vor dem Ausschlüpfen. Vor allem die ausgeschlüpften Fischlarven vieler Fischarten gehören zum Plankton, bevor sie groß genug sind, Strömung und Wellen zu trotzen bzw. ihren späteren Lebensraum, z.B. den Meeresboden, aktiv aufzusuchen.


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Zu Beginn sollen die Säugetiere stehen: Die Ordnung der Wale sowie die Ordnung der Robben.
Die Beobachtung ist nicht einfach, sollen die Tiere doch in Ruhe gelassen werden und haben in der Regel auch noch eine hohe Fluchtdistanz. Robben sieht man manchmal bei Ebbe von den Fähren zu den Inseln auf den Sandbänken liegen. Aus nächster Nähe lassen sich Seehunde und Ringelrobben auf der Helgoländer Düne beobachten.
Wale: Heimisch in der Nordsee ist nur der Schweinswal (Phocoena phocoena). Er ist mit seinen 1,5m Köperlänge relativ klein und liebt flache Küstengewässer, in denen er Fische und Krebstiere jagt.
Dabei ist ihm sein Ultraschall–Echoortungssystem (Abb. rechts) von großer Hilfe, da in dem aufgewirbelten Wasser nahe der Küste die Sicht sehr schlecht ist. Der Schall wir nahe desAtemlochs erzeugt und in der sogenannten 'Melone' verstärkt. Trifft er auf einen Gegenstand wie z.B. Fisch, wird ein Echo zurückgeworfen, dass über einen Fettkanal im Unterkiefer zum Innenohr geleitet wird.
Schweinswale lassen sich beispielsweise vor der Sylter Westküste gut beobachten, manchmal schwimmen sie zwischen den Badenden. Vor der Küste von Sylt und Amrum ist ein Walschutzgebiet ausgewiesen, da die Tiere hier ihre Kinderstube haben.
Weiterhin gibt es regelmäßig Irrgäste – die Nordsee ist eigentlich zu flach für einen typischen Wal–lebensraum. Gelegentlich wird angenommen, dass durch die zahlreichen Industrieanlagen in der Nordsee (Erdöl–/Erdgasförderung, zunehmend Windenergie) und gestiegenem Schiffsverkehr die Zahl verirrter Wale zunimmt, da ihre Orientierung beeinträchtigt wird – durch die starke Zunahme von akustischen Störungen. Das könnte die Fähigkeit mancher Wale, darunter der Schweinswal, sich mit Sonarortung zurecht zu finden, beeinträchtigen.
Walstrandungen gab es allerdings schon immer, wie Alfred Schmidt für die ostfriesische Küste eindrucksvoll zusammenträgt. So ist durchaus denkbar, dass die Zunahme gemeldeter Strandungen auch mit der besseren Vernetzung und Verbreitung durch die Presse zusammenhängt.
Richtig ist mit Sicherheit, dass der Lebensraum der Wale sich innerhalb der letzten 40 Jahre auch akustisch massiv verändert hat, die Auswirkungen sind bisher nicht aussagekräftig erforscht. Einen Eindruck von den Lärm, den ein 5sm entferntes Großschiff unter Wasser macht, gibt eine Aufnahme von SeaSheperd aus dem Golf von Mexiko.



Abb. 1: a) Die Außensände vor Amrum (hier der Jungnamensand) liegen höher als das mittlere Hochwasser und sind deswegen ein bei Robben beliebter Rastplatz   -   b) Schwimmende Seehunde vor Helgolands Nordküste   -   c+d) Eine junge männliche Kegelrobbe (Halichoerus grypus) auf der Helgoländer Düne (größere Aufnahmen per Mausklick auf die Abbildung)

Robben: Der Seehund (Phoca vitulina) ist die vorherrschende Robbenart in der Nordsee. Das Wattenmeersekretariat in Wilhelmshafen zählte im November 2013 die Population der Seehunde (Phoca vitulina) auf 26.788 Exemplare, was eine geschätzte Population von 39.400 Tieren bedeuten würde. Damit haben sich die Seehunde in der Nordsee stark vermehrt seit 1975, als das erste Mal knapp 4000 gezählt wurden. Seehunde sind grau bis graugelb, manchmal mit dunklen ungleichmäßigen Flecken gefärbt, die größeren Männchen werden bis zu 1,8m lang und können 100kg wiegen. Oft sieht man sie auf einer Schifffahrt bei Ebbe auf den Sandbänken des Wattenmeers liegen, bei Hochwasser liegen sie auf den Außensänden vor den Inseln - Außensände fallen auch bei mittleren Hochwasserständen trocken, sind aber starker Dynamik durch Wind und Wellen unterworfen und bilden deswegen (noch) keine neuen Inseln mit Vegetation. Da sie im Nationalpark liegen und durch den Menschen völlig unbeeinflusst sind, bieten sie den Seehunden Rückzugsort und Kinderstube.
Seehunde sind große Schwimmer und Taucher - auf Tauchgängen von 10-15 Minuten, auf denen die Herzschlagfrequenz von 80 auf knapp 10 Schläge/Minute gesenkt wird, erbeuten sie vor allem Fische. Seehunde sind viel unterwegs - so zeigte sich bei markierten Seehunden, dass sie regelmäßig zwischen Helgoland und dem Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer hin- und her schwimmen. So gerne Seehunde sich auf Sandbänken ausruhen, können sie auch im freien Wasser schlafen: Dabei schweben sie auf und ab und steigen scheinbar unbewusst regelmäßig zum atmen an die Oberfläche. Die verspielten Tiere sind nicht nur auf Helgoland aus der Nähe zu beobachten, sondern können auch in den Seehundstationen in Friedrichskoog und Norddeich sowie im Aquarium des Geomar in Kiel besucht werden.
Wie alle wilden Tiere sollte man scheinbar mutterlose Jungtiere, die man bei einem Strandspaziergang findet, nicht anfassen, damit sie keinen Menschengeruch annehmen. Verantwortlich für solche Waisen sind schließlich sogenannte "Seehundjäger", die seid 1974 keine Seehunde mehr schießen dürfen, sondern ausschließlich für deren Hege und Pflege zuständig sind. Wegen ihrer Berufsbezeichnung werden sie von einigen Tierschützern und Touristen immer wieder angegangen und des Mordens verdächtigt, in aller Regel zu Unrecht.

Die Kegelrobben (Halichoerus grypus) bilden mit 2.785 im Frühjahr 2013 gezählten Exemplaren eine wesentlich kleinere Population in der deutschen Bucht. Archäologische Funde aus dem Mittelalter legen die Vermutung nahe, dass früher die Populationen von Seehunden und Kegelrobben annähernd gleichgroß waren. Durch intensive Bejagung (die Robben wurden als extreme Konkurrenten der Fischer unerbittlich gejagt) starben die Kegelrobben bis zum 20. Jahrhundert in dem Wattenmeer nahezu aus, sie konnten dem Jagddruck nicht so gut standhalten wie die Seehunde. Nur an der felsigen britischen Küste überlebten Tiere und wanderten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder ein. Seit 2001 etabliert sich auf der Helgoländer Düne die vierte Kegelrobbenkolonie mit Jungenaufzucht im Wattenmmeer (neben einer Sandbank bei Terschelling, der Kachelotplate bei Juist und zwei Außensänden vor Amrum).

Die Kegelrobbe ist im direkten Vergleich recht gut vom Seehund zu unterscheiden: Durch die kantigere, schmaler zulaufende Schnauze und die erhebliche Größe sowie die Fellfärbung (♂ bis 2,2m und 220 kg, hellgefleckt auf dunkelgrauem Grund; ♀ bis 1,8m und 150kg, dunkelgrau gefleckt auf hellem Grund). Auffällig sind auch die im Januar geborenen Jungen mit ihrem weißen Fell. Es ist noch das Embryonalhaar, Lanugo genannt, macht die Tiere auf hellem Sand fast unsichtbar - und wird nach fünf Wochen durch die besser tarnende Farbgebung der adulten Tiere ersetzt.


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Fische: Fische haben ihren Lebensraum fast ausschließlich im Wasser, sie leben aquatisch. Es sind aber hochentwickelte Wirbeltiere, die ein ihrem Lebensraum angepasstes Atemorgan, die Kiemen, haben; und ein ebenfalls angepassten Körperbau, sie sind allerdings nicht alle miteinander verwandt, sondern in Struktur und Form ähnlich. Allerdings gibt es sogar in der Nordsee auch wieder Ausnahmen (vgl. das Seepferdchen weiter unten).
Zahlreiche teilweise erstaunlich bunte Fischarten tummeln sich in der Nordsee - und obwohl der Bestand insgesamt stark überfischt ist, zeigt sich, dass sich bei eingeschränktem Fang Fischarten deutlich erholen können.
Da das Fischen mit Grundnetzen auch den Meeresboden weitgehend zerstört, ist es auch für den Rückgang zahlreicher anderer Arten verantwortlich, die eigentlich gar nicht wirtschaftlich genutzt werden. Und Forscher bemängeln, dass auch in Meeresschutzgebieten weitgehend unreguliert Fischerei stattfindet.
Für Biologen ergibt sich mit dem Bau der zahlreichen Offshore-Windparks womöglich ein ökologischer Glücksfall: Hierdurch werden zahlreiche künstliche Riffe und dem Fischfang unzugängliche Gebiete in den flacheren Teilen der Nordsee geschaffen, die in naher Zukunft Rückzugsgebiete und Kinderstuben werden könnten. Ein Beleg dafür mag die von englischen Forschern dokumentierte Futtersuche eines Seehunds in einem Windpark sein.
Die folgend vorgestellten Fischarten geben nur einen Teil der Vielgestalt der Fische in der Nordsee wieder. Beispielhaft werden Anpassungen einzelner Arten an den Lebensraum Meer vorgestellt. Zu Beginn soll die Unterteilung des Lebensraumes stehen:
Man unterteilt in das Freiwasser (Pelagial) und Bodenregion (Benthal). Entsprechend gibt es Freiwasserfische und Grundfische.
Zwei Freiwasserfischarten sollen vorgestellt werden: die Makrele und der Hering.

Makrelen (Scomber scombrus) sind Schwarmfische, genau wie die Heringe (im Bild unten schwimmt ein Hering im Makrelenschwarm mit (anklicken für Vergrößerung), ein durchaus typisches Verhalten). Die atlantische Makrele wird bis zu 60cm groß und trägt das charakteristische Zebramuster auf dem Rücken. Ihrer torpedoähnlichen Gestalt nach ist sie ein Schnellschwimmer wie andere Thunfisch- und Makrelenarten und lebt räuberisch von Fischlarven und Plankton. Sie lebt im Freiwasser (pelagisch) in großen Schwärmen. Im Frühling kommt sie in Küstennähe, um zu laichen.
Makrelen haben, anders als die meisten anderen Fische, keine Schwimmblase. Deshalb müssen sie dauernd in Bewegung bleiben, um nicht zu versinken.
Der hier vergesellschaftete Hering (Clupea harengus) ist ebenfalls ein Schwarmfisch, der bis zu 40cm groß wird. Es gibt viele unterschiedliche Rassen und Bestände, die unterschiedliche Wanderwege und Laichzeiten haben. Heringe ernähren sich von Plankton (Kleinkrebschen und Krill). Bekannt sind die Heringe durch ihre großen Wanderwege. So kommen sie zum Ablaichen in Küstennähe und werden dort jährlich wiederkehrend von großen Schwärmen Anglern an Hafenanlagen erwartet. Heringe gehören zu den wenigen nicht überfischten Arten.

Alle weiteren hier vorgestellten Fischarten leben am und vom Meeresgrund.

Einer der aufregendsten "Fische" in der Nordsee ist sicher der Kleinfleckige Katzenhai (Scyliorhinus canicula). Trotz seines Namens ist der maximal einen Meter lange Hai kein bisschen gefährlich. Er ernährt sich von kleinen Fischen, Krebsen und Weichtieren. Im Wattenmeer bekommt man ihn nicht zu sehen, da er tiefere Regionen bevorzugt.
Haie gehören zusammen mit den Rochen (rechts: Nagelrochen (Raja clavata)) zu den Knorpelfischen: Sie kennzeichnet die berühmte Haihaut, kleine Zähnchen, die den Strömungswiderstand senken und die schon erfolgreich als Klebefolie auf Flugzeugen und als Schwimmanzug nachgebaut worden ist. Die Hautzähnchen werden am Mund immer größer und bilden auch das Gebiss, dass aus mehreren Reihen dieser Zähnchen besteht. Von innen werden immer wieder neue Zähne nachgebildet.
Knorpelfische haben 5 Kiemenspalten; bei den Männchen sind die Bauchflossen zu Geschlechtsorganen umgewandelt.
Bild Mitte: Im Wasser hängt ein Gelege des Katzenhais: Eikapseln, die mit spiraligen Fäden untereinander verbunden sind. Man findet sie und die Eikapseln der Rochen nach Sturmfluten im Spülsaum am Strand als leere Hüllen, wenn die Jungfische nach 8-10 Monaten (je nach Wassertemperatur) ausgeschlüpft sind. Die jungen Haie sind dann 35-40mm lang. Der Nagelrochen (rechts) wird in der Nordsee bis zu 60cm lang, sonst auch über einen Meter. Er lebt auf vorwiegend auf schlammigen Boden und frisst dort andere Grundfische und Krabben.
Einen ähnlich angsteinflößenden Namen hat dieses Monstrum: es ist ein Seewolf oder Katfisch (Anarhichas lupus), auch Steinbeißer genannt. Kennzeichnend ist neben der Körperform auch die schwarze Querbänderung. Er erreicht 1,2m Grösse und sieht vor allem urtümlich und finster wegen seines kräftigen Gebisses aus, mit dem er hartschalige Bodentiere aufknackt (Muscheln, Stachelhäuter, Krebse). Deswegen müssen die verschlissenen Zähne im Winter erneuert werden. Er lebt in Tiefen zwischen 40 und 200m.
Die Laichballen aus bis zu 25.000 Eiern bewacht das Männchen noch etwa 2 Monate, bis die Larven ins Freiwasser aufsteigen. Nach eine halben Jahr kehren sie für den Rest ihres Lebens auf den Meeresboden zurück.
Der Seewolf ist ein begehrter Speisefisch.

Fische sind stumm? - Der Knurrhahn kann tatsächlich Laute von sich geben. Mit Hilfe bestimmter Muskeln kann er die Schwimmblase in Schwingungen versetzen. Mit den vorderen zu Tastbeinchen umgewandelten und mit Geschmackszellen versehenen Flossen sucht er den Meeresboden nach Nahrung ab. Auch legt er mit ihnen wie mit Schreitbeinen kurze Strecken auf dem Meeresboden zurück.
Graue Knurrhähne (Knurrhahn Eutrigla)(rechts) werden bis zu 45 cm lang, rote Knurrhähne (Trigla lucerna) bis zu 70 cm lang.
Die markanten stacheligen Rückenflossen hat der graue Knurrhahn auf dem Bild leider angelegt.


Helgoländer Spezialitäten:

Ein in der Nordsee weitgehend einzigartiger Lebensraum ist Helgoland (die nächsten Felsküsten gibt es erst wieder im Kanal oder in Schottland). Zahlreiche Tiere sind auf dieses Habitat angewiesen, unter Wasser sind das neben dem Hummer (s.u.) auch einige Fischarten:

Die Fische a) - c) sind besonders, denn sie haben keine Schuppen, sondern Knochenplatten - genau wie der Stör (s.u.).
a) Da der Weg für den Osterhasen nach Helgoland etwas beschwerlich ist, haben die Helgoländer einen eigenen Vertreter für diese Aufgaben: Den Seehasen (Cyclopterus lumpus). Im Frühjahr kommen die Seehasen ins seichte Wasser und paaren sich, das Weibchen legt riesige Eierklumpen mit bis zu 200000 Eiern, die die Männchen dann verteidigen. Da sie während dieser Zeit nichts fressen, sterben sie häufig hinterher und werden um Ostern herum an den Strand gespült - daher vielleicht der Name. Der schwarzgefärbte (eigentlich rosafarbene) Rogen des Seehasen wird als "Deutscher Kaviar" verkauft. Der gezeigte Seehase ist gerade handtellergroß, vermutlich handelt es sich um ein Weibchen;, die grünlich schimmern. Männliche Seehasen sind eher grau bis braun, zur Brutzeit trägt das ♂ einen leuchtend roten Bauch (in der Tierwelt wird soetwas 'Prachtkleid' genannt). ♀ können bis zu 50 cm Grösse erreichen, ♂ nur 30cm. Seehasen sind schuppenlos und tragen Dornenreihen, die Bauchflossen sind umgewandelt zu einem Saugnapf. Mit ihm hält sich der Seehase, der ein schlechter Schwimmer ist, am Meeresgrund fest. Eine Schwimmblase fehlt.  -  
b) Der Seebull oder Langstachelige Seeskorpion (Taurulus bubalis) ist bis zu 20cm lang. Kennzeichnend sind der große, gepanzerte Kopf mit Dornen an den äußeren Kiemendeckeln (vgl. Bildvergrößerung - Klick aufs Bild) und der keulenförmige Körper.
Der Fisch lebt vor allem in Seegraswiesen und Algenwäldern im Flachwasserbereich, in der Nordsee vor allem in den Gezeitentümpeln rund um Helgoland. Der Laich wird bis zum Schlupf 4-6 Wochen lang (abhängig von der Wassertemperatur) vom Männchen bewacht.
Sehr ähnlich sieht der Seeskorpion (Moxocephalus scorpius) aus, er ist ebenfalls ein Grundfisch, aber wird mit 30 - 40 cm deutlich größer. Bemerkenswert ist hier die innere Befruchtung vor der Eiablage, das ♂ färbt sich zur Laichzeit kupferrot mit hellen Flecken und bewacht das Gelege nach der Befruchtung ebenfalls.   -  
c) Der Steinpicker (Agonus cataphratuctus) sieht den Seeskorpionen recht ähnlich, er gehört auch zur Familie der Groppen (Cottidae). Er hat keine Schuppen, sondern gekielte Knochenplatten an Kopf und Rumpf. Am Maul fallen zahlreiche Barteln (Tastfäden) auf. Er wird höchstens 20cm groß.
Während er meist gerne über Weichböden unterwegs ist, wandern alle Steinpicker aus dem Wattenmeer im Frühjahr nach Helgoland um in den mit Tangen besiedelten Felswatten abzulaichen. Erst nach 10 Monaten schlüpfen die Jungfische.  -  
d) Butterfisch (Pholis gunnelus). Wird bis 30cm lang, Körper langgestreckt mit durchgehendem Rückenflossensaum, darauf 9-13 auffallende, von einem weißen Rand umgebene Flecken. Bewohnt sand- und algenreiche Felsböden. Laicht im Winter, die Eltern bewachen das Gelege bis zum Schlüpfen der Jungen.
Butterfische, die bei Ebbe versehentlich trocken fallen, können Luftsauerstoff atmen (Vermutlich Hautatmung wie die Aale) und unter Tangen verborgen überleben. Im Winter sucht er größere Tiefen (bis 100m) auf. Wichtige Nahrung für viele Meeresvögel.


Die weitesten Wanderwege hat der Aal (Anguilla anguilla), wenn er auch nicht sein ganzes Leben im Salzwasser verbringt. Die meiste Zeit lebt er im Süßwasser landeinwärts, lediglich zum Ablaichen braucht er das Salzwasser. So kommt er auch in der Nordsee vor, quasi im Vorbeischwimmen - auf dem Rückweg in die Sargassosee vor der Amerikanischen Ostküste. Erwachsene Aale wandern im Herbst 5000km in die vor den Bahamas liegende Sargassosee, um dort im März zu laichen. Das sind durchschnittlich 40km pro Tag. Sie orientieren sich am Erdmagnetfeld, während sie den Atlantik durchqueren. Während der Wanderung und dem Ablaichen nehmen sie keine Nahrung mehr zu sich, sondern leben von den Fettreserven. Nach der Laichablage sterben sie.
Die jungen Aale, die wegen ihres Aussehens Glasaale genannt werden, wandern nun während drei Jahren mit dem Golfstrom zurück nach Europa und die Flüsse hinauf. Dabei passen sie sich an das Süßwasser an. Hier existieren sie mit zwei Ernährungsformen: als "Breitkopf" (Raubfisch) und als "Spitzkopf" (Friedfisch). Wenn der Bauch von der gelben Farbe nach weiß wechselt ("Silberaal"), dann ist der Aal geschlechtsreif und wandert zurück ins Meer. Aale können auch längere Strecken über nasse Wiesen wandern (auf den Inseln muss es immer wieder Wandernächte geben, in denen Aale über den Deich in Teiche in der Marsch wandern. Anders wäre das Vorkommen von Aalen dort nicht zu erklären). über Hautatmung können Aale bis zu 2/3 ihres Sauerstoffbedarfs decken.
Die unglaublich weite Wanderstrecke der Aale ist ein Beleg für die Kontinentaldrift - die Tatsache, dass sich Kontinentalplatten der Erde bewegen, Amerika und Europa zum Beispiel von einander weg. Amerikanische Aale laichen auch in der Sargassosee ab, und haben dann wesentlich kürzere Wanderwege. Die europäischen Aale haben ihr Laichgebiet aus Zeiten, in denen Amerika und Europa noch nah beieinander lagen (vor ca. 100 Mio Jahren), behalten. Der Golfstrom hilft ihnen dabei.
Aalblut ist übrigens giftig. Es enthält Ichtyotoxin, ein Gift auf Proteinbasis, das beim Menschen ähnlich wie Schlangenblut wirkt. Beim Erhitzen werden die Proteine zerstört, deshalb kann man geräucherte oder gekochte Aale bedenkenlos essen.

Seltener geworden ist der Lebensraum Seegraswiese (Zostera Maritima) - ein Pilz hat die Bestände seit den 1930er Jahren stark dezimiert. Seegraswiesen kommen bis 10m Wassertiefe vor, können auch temporär Trockenfallen und bieten Schutz für zahlreiche v.a. kleinere Arten, sie dienen häufig als Kinderstube. In besonderer Weise haben sich die beiden folgenden Fischarten angepasst:

Die Schmalschnäuzige Seenadel (Syngnathus typhle) kommt nur sehr selten in der Nordsee vor. Die ungewöhnliche Fischfamilie der Seenadeln ist eher in der Ostsee zuhause, wird bis zu 30 cm lang und kann auch bräunlich gefärbt sein. Die Körperhaltung (senkrecht im Wasser) ist charakteristisch. Nach der Balz übernehmen die Männchen die Brutpflege und tragen die Eier an der Bauchunterseite.
Seenadeln leben in Seegraswäldern, deren Verbreitung stark zurückgeht. Im Unterschied zu den Schlangennadeln (Nerophis ophidion), rechts, haben die Seenadeln Brust- und Schwanzflossen.
Beide Arten sind eng mit den Seepferdchen verwandt. Die Eier werden bei allen drei Arten von den Männchen in Brusttaschen oder an der Bauchseite angeheftet bebrütet.

Klimawandel in der Nordsee?
Für die Wissenschaftler des Alfred-Wegner-Institus auf Helgoland, die seit 50 Jahren Wassertemperatur und Planktongehalt zwischen den beiden Helgoländer Inseln messen, ist der Fall klar: die Nordsee ist im Schnitt um 1,7° wärmer geworden - und auch die Artenzusammensetzung hat sich geändert. Neben Fischen aus dem Mittelmeer (Streifenbarben, Dorade) sind z.B. wärmeliebende Planktonarten dazugekommen. Und auch die Saison von bestimmten Planktonarten, Fischlarven z.B., hat sich um 3,7 Wochen ins Frühjahr verlagert. Für viele Tiere kann das ein Problem darstellen: Fischlarven können so früher schlüpfen, als ihre Hauptnahrung, Phytoplankton und Mikroalgen, in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Dann verhungern die Fischlarven. Ein Mechanismus, der auch mit dem verschwinden der Hummer in Verbindung gebracht wird (s.u.).
Auch für größere Tiere kann das Folgen haben: Der Dorsch (Kabeljau) im Bild rechts zum Beispiel ist aus der südlichen Nordsee mittlerweile verschwunden und hat sich in kältere, nördlichere Gewässer zurückgezogen. Er benötigt Wassertemperaturen unter 4° zum Laichen - und seine Larven den Ruderfußkrebs Calanus finmarchicus, der durch die deutlich kleinere Art Calanus helgolandicus verdrängt wurde. Andere Arten rücken dafür nach:
Die Goldbrasse (Sparus aurata) ist eigentlich im Mittelmeer heimisch, mittlerweile aber regelmäßig in der Nordsee anzutreffen: Solche tierischen 'Neubürger' nennt man Neozooen.
Die Goldbrasse wird bis zu 60cm lang und ist erkennbar an ihrem hohen Rücken und einem goldenen Band zwischen den Augen bzw. goldenen Flecken auf den Wangen. Sie ernähren sich von Muscheln und Krebstieren und haben entsprechend harte, hasenähnliche Zähne in mehreren Reihen.
Goldbrassen sind zweigeschlechtlich: Das heißt, dass die bis zu 2-jährige Jungfische (20-30cm) männlich sind und an drei Jahren (30-40cm) weiblich werden, also eine Geschlechtsumwandlung durchmachen. Diese Reihenfolge erscheint sinnvoll, da die Produktion von vergleichsweise kleinem Sperma weniger Körpergröße erfordert als von den großen dotterhaltigen Eiern.
Wie nachhaltig das biologische Gleichgewicht durch den Anstieg der mittleren Temperatur durcheinander gebracht werden kann, zeigt auch folgendes Beispiel: Die Kieselalgen, mit ihrer exponentiellen Vermehrung im Frühjahr Grundlage aller Nahrungsketten, blühen mittlerweile verspätet. Wie passt das zusammen?
Durch die wärmeren Wintertemperaturen ist die Aktivität und der Nahrungsbedarf der Tiere, die sich den Winter über von Kieselalgen ernähren, angestiegen. Die sorgen jetzt für erhebliche Einbrüche der Bestandsdichte, von denen sich die Kieselalgen im Frühjahr ersteinmal erholen müssen (Quelle: Karen Wiltshire, AWI Helgoland).

Diese Fischart ist dagegen ein Opfer der überfischung, er könnte wirklich riesig werden: es ist der Stör (Acipenser sturio). Mit einer Gesamtlänge bis 4 Meter könnte er einem beim Baden richtig Angst machen. Der hier im Aquarium Helgoland wurde 1968 gefangen und ist vermutlich einer der letzten echten Nordseestöre. An der Seite hat er zwischen 24 und 40 Knochenplatten - und ist ein sehr urtümlicher Fisch (evolutionsbiologisch sehr alt), das Skelett ist nur teilweise verknöchert. Er kam früher so häufig in der Nordsee und den unteren Flussläufen von Elbe und Weser vor, dass sich die Dienstboten in Hamburg ein Privileg ausbaten, nicht öfter als 2 mal die Woche Stör essen zu müssen. In Deutschland gilt er allerdings als ausgestorben. Heute ist er also sehr selten, und so groß wird er schon gar nicht mehr.
Stör ist aufgrund seines äußerst begehrten Kaviars stark überfischt. So kostet ein Kilo Beluga-Kaviar ab 2000 EUR aufwärts. Der teuerste Kaviar wird ausschließlich in 24Karat-Golddosen verpackt.
Trotz des fürchterlichen Mauls hat ein Stör keine Zähne, er gehört zu den Grundfischen und durchwühlt den Boden nach Würmern, Larven und Fischen.
Zum Ablaichen suchen die meisten Störarten das Süßwasser auf, sonst leben sie im Salz- und Brackwasser. Im Hintergrund (unteres Bild) schwimmt ein Dorsch.




Der Körper der Plattfische ist eine ganz erstaunliche Anpassung an einen Lebensraum - dem Meeresgrund. Dabei sehen sie keineswegs immer so aus: Alle Plattfische besitzen Larven, die andere Fischlarven ähneln (vgl. Abb. links oben: Larve einer Seezunge; Quelle: fishbase.org). Die Jungfische leben im Wattenmeer. Im Laufe des Wachstums zum erwachsenen (adulten) geschlechtsreifen Fisch (Metamorphose) wandelt sich der Körper: Die Augen wandern auf die eine Seite, die andere Seite kommt auf dem Meeresgrund zu liegen.
Evolutionsbiologisch scheint diese Lebensform 2mal unabhängig voneinander endstanden zu sein: Es gibt die Gruppe der rechtsäugigen Plattfische (z.B. Scholle) und der linksäugigen (z.B. der Butt).
Die Tiere sind ihrem Lebensraum perfekt angepasst: Mit der einen Seite auf dem Sandboden liegend, leicht eingegraben, warten sie auf Beute. Sie fressen Weichtiere, Krebse und Würmer. Die hervorstehenden Augen (vgl. Abb. 2) ermöglichen eine bessere übersicht.
Natürlich können sie auch recht gut schwimmen: mit wellenförmigen Bewegungen des ganzen Körpers und den Flossensäumen am Rand. Dabei fällt eine weitere Anpassung auf: Plattfische sind auf der eine Körperseite hell gefärbt, so dass sie beim Schwimmen neugierigen (womöglich hungrigen) Blicken von unten gegen die in der Regel hellere Wasseroberfläche entgehen können. Ihre obere Seite ist dagegen dem Lebensraum entsprechend gefärbt, so dass sie optisch möglichst gut mit dem Untergrund verschmelzen (Tarnung, Fachausdruck: Mimese). Alle Plattfische können dementsprechend ihre Oberseite in gewissen Grenzen der Farbgebung des Untergrundes anpassen.

An den rötlichen Punkten gut erkennbar ist die Scholle (Pleuronectes platessa). Länge bis 95cm, meist weniger als die Hälfte. Im Frühling laichen Schollen bis zu 500000 Eier ab. Durch die aktive Tarnung (Bild rechts) können die roten Flecken nahezu verschwinden. Es ist schon beeindruckend, wie die Scholle ihre Umgebung wahrnimmt und mit ihrem Körper den großflächigen hell/dunkel-Kontrast von Steinen und Sand nachahmt.

Die Flunder (Platichthys flesus) hat keine roten Punkte, sieht aber ansonsten der Scholle sehr ähnlich. Die braunen Punkte in der Abbildung sind eine aktive Tarnung an den Untergrund. Es gibt Bastarde zwischen Scholle und Flunder, die heißen "Blendlinge". Obwohl Flundern zu den rechtsäugigen Plattfischen gehören, sind ca. 30% der Population linksäugig. Die Oberseite ist wie bei der Scholle meist eher Dunkel, aber ins olivgrüne gehend. Als Gast im Wattenmeer gräbt sich die Scholle häufig im Schlick ein. Ansonsten lebt die Flunder eher im Brackwasser, es gibt sogar Süßwasserpopulationen. Zum Laichen muss die Flunder allerdings wieder in Wattenmeer.

Der Steinbutt (Scophthalmus maxima) ist mit der grösste der Plattfische in der Nordsee (- wenn er nicht vorher gefangen wird. Und nur der Heilbutt kann mit über 2m noch ein bischen größer werden.) Steinbutte sind linksäugig. Er ist ein sehr leckerer Speisefisch, erreicht bis zu 1m (selten bis 2m) Größe und liebt sandige Untergründe, dessen Farbe auch er sich anpassen kann.



Erstaunliches in der Nordsee:

Die folgenden Lebewesen vermutete wohl keiner in der Nordsee - eine echte Überraschung der Artenvielfalt!

a) Das Seepferdchen (Hippocampus guttulatus) gehört auch zu den Fischen. Seepferdchen sind stark gefährdet, da ihr natürlicher Lebensraum, die Seegraswiesen, stark zurückgeht.   -  
b) Der Kuckuckslippfisch (Labrus bimaculatus) ist der bunteste Fisch der Nordsee - und viele glauben es nicht, bevor sie ihn gesehen haben; er ist wirklich heimisch. Er kann bis zu 35cm groß werden, das Weibchen ist goldfischrot gefärbt, hier ein Männchen.   -  
c) Sogar Kraken gibt es in der Nordsee - das Wort stammt aus dem Norwegischen,'kraken' bedeutet 'entwurzelter Baum'. Hier: Kleiner Octopus (Eledone cirrhosa), der bis 50cm groß wird und sich von Krebsen und Garnelen ernährt. Identifikationsmerkmal ist die einzelne Reihe von Saugnäpfen an der Unterseite der 8 Arme, während der gemeine Krake Doppelreihen besitzt. Die 8 Arme sind aus dem Griechischen namensgebend (octo), Sepia und Kalmare haben 10 Arme. In der Nordsee sind Kraken selten und dazu noch Einzelgänger. Das Weibchen betreibt intensive Brutpflege ihrer in eine Höhle abgelegten Eier und frisst dabei nicht, so dass sie nach dem Schlüpfen der Jungen an Entkräftung stirbt, also nur in der Regel nur 1-2 Jahre alt wird. Die fehlende Brutpflege mag der Grund dafür sein, dass trotz ihrer enormen Intelligenz (öffnen von Schraubgläsern, Lernen durch Beobachtung) Kraken keine intelligentere Lebensweise entwickelt haben.   -  
d) Eher von Korallen bekannt: eine Nacktschnecke - die Grüne Samtschnecke (Elysia viridis). Die Schnecke ernährt sich vor allem von Zweifadenalgen, deren Chloroplasten nicht verdaut werden, sondern eingelagert - als Endosymbionten. So lebt die Schnecke vom Zucker der Fotosynthese der Chloroplasten.



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Stachelhäuter:
Zu den Stachelhäutern (Echinodermata) gehören Seesterne, Schlangensterne, Seeigel und auch die Seegurken. Ihr Körperbau ist radiärsymmetrisch, in ihrer Haut gibt es Verkalkungen, die einen gewissen Schutz gegen Fressfeinde bieten. Zusätzlich haben sie die Möglichkeit, abgefressene Körperteile zu regenerieren. Nicht selten findet man daher an Seesternen einen kleineren Arm neben den großen. Stachelhäuter sind getrenntgeschlechtlich, das heißt, es gibt Männchen und Weibchen, die aber schwer auseinander zu halten sind. Die meisten Arten geben Sperma und Eier direkt ins Wasser ab.

Der Gemeine Seestern (Asterias rubens) hat immer fünf Beine und kann bis zu 30cm Durchmesser erreichen, in größeren Tiefen auch bis 40cm. Sein Vorname 'Gemein' bedeutet wie bei vielen anderen Lebewesen 'gewöhnlich', weit verbreitet, keineswegs: niederträchtig. Es gibt die unterschiedlichsten Färbungen (siehe Abbildungen).
Meist ist eine hellere Mittellinie auf den Beinen zu erkennen. Der Seestern ist recht gefrässig und greift vorwiegend Muscheln an: mit seinen Armen umschlingt er sie, und verdeckt ihre Atemöffnungen so, dass sie keine Luft mehr holen können. Langsam lässt die Kraft der Muscheln dann nach, und Asteria bricht mit den Armen die Muschelschalen auseinander. Das kann mehrere Stunden dauern. Der Mund sitzt in der Mitte der Unterseite. Letztendlich stülpt er dann seinen Magen in die Muschel und verdaut außerhalb seines Körpers (extraintestinal) die Muschel. Auf diese Weise kann er auch auf Felsen und Sand wachsende Algen "abweiden". Die natürlichen Feinde von Seesternen sind die Sonnensterne (s.u.) und die Krabben. Bei einem Angriff kann ein Seestern einen Arm am Ansatz abwerfen - dieser dient dann als Lockspeise für den Feind, der Seestern kann sich retten.

Die Orientierung der Seesterne erfolgt mittels Tasten der Beine sowie mit Augen - denn Seesterne können sehen! Am Ende der Arme befinden sich Rezeptoren, die lichtempfindlich sind. Dabei geht die Funktion über reines Hell/Dunkel-Erkennen hinaus, was zu vermuten gewesen wäre bei einem Organismus ohne zentrales Nervensystem ('Gehirn').
Die lichtempfindlichen Strukturen an den Armspitzen kann man als Komplexauge bezeichnen- sie enthalten mehrere identische optische Komponenten. Trotzdem sind sie nicht mit dem hochentwickelten Auge der Insekten zu vergleichen. In einem Versuch, in dem Forscher Seesterne auf eine kahle Sandfläche einen Meter vor ein Korallenriff setzten, irrten Tiere ohne Augenzellen ziellos umher, während ihre Kollegen mit Augen zielgerichtet zum Riff zurück krochen.
Auch der Gemeine Seestern hat einen roten Fleck an jeder Armspitze, der sich bei genauerer Untersuchung als Ansammlung von Pigmentzellen und Photorezeptoren herausstellt.


a) Gemeiner Seestern (Asteria Rubens)   -  
b) Der Seestern auf seiner Lieblingsnahrung: Miesmuscheln.   -  
c) Auf dieser Detailaufnahme eines Seesterns kann man die Ambulacralfüßchen sehen, mit denen sich der Seestern fortbewegt. Die Füßchen bewegen sich koordiniert in die gleiche Richtung, saugen sich an der Oberfläche an und verkürzen sich dann. Dadurch "rückt" der Seestern in diese Richtung. Das sieht sehr geschickt aus, ist aber (für menschliches Empfinden) eher langsam. Am Rand des Beines sind etwas kleiner Sinnespalpillen zu erkennen, mit denen sich der Seestern in der Umgebung orientiert.   -  
d) Dadurch, dass Seesterne auch Aas fressen, haben sie eine geradezu klassische Aufgabe innerhalb des ökosystems Nordsee: Als Destruenten (Zerstörer) vernichten sie tote Tiere und sorgen so für deren Verwesung, am Ende dient die tote Materie wieder zum Aufbau neuer Lebewesen.
Auf dieser Abbildung frisst der Seestern gemeinsam mit Wellhornschnecken einen toten Seeskorpion.


a) Heller Schlangenstern (Ophiura albida): Körper bis 1,2cm breit, Arme ungefähr viermal so lang mit kurzen Stacheln. Ernährt sich von kleinen Tieren.   -  
b) Zierliche Schlangensterne (Fadensterne)(Amphiura filiformis): Körper bis 8cm breit, Arme lang und biegsam: in der Regel leben die Tiere vergraben im Meeresboden und nur ein Ende der Arme guckt heraus. Mit Hilfe schleimabsondernder Saugfüße sammeln sie Partikel zur Ernährung ein. Wenn die Fadensterne berührt werden, können sie kräftig aufleuchten, vermutlich zur Feindabwehr durch Erschrecken.   -  
c) Sonnenstern (Solaster papposus), bis 25cm, 11-13 Arme, Oberseite in der Regel purpurrot, der hier liegt auf dem Rücken und ist vermutlich tot. Merkmal sind auch die kräftigen Stacheln an der Seite der Arme. Sonnensterne ernähren sich vor allem räuberisch von anderen Stachelhäutern.   -  
d) Purpursonnenstern (Solaster endeca), bis 35cm, 8-12 Arme. Ernährt sich auch vom Gemeinen Seestern.


Seeigel sind fast kugelförmig mit abgeplatteter Unterseite - und trotzdem radiärsymmetrisch wie auch die Seesterne.


Essbarer Seeigel (Echinus esculentus): wie alle Seeigel ist er fünffach radiärsymmetrisch, besteht erkennbar aus 5 gleichen Teilen, die Doppelstreifen sind Reihen mit kleinen Löchern, durch die die sogenannten Ambulakralfüßchen nach außen gesteckt werden können. Sie scheinen zur Orientierung zu dienen. Auch die Stacheln, die auf der Außenhaut sitzen, sind mittels kleiner Muskeln beweglich. Mit ihnen bewegt sich der Seestern auch fort - sehr langsam - wie in einem kurzen Film zu sehen ist, der per Klick auf das Bild rechts startet. Dieser im Aquarium Göteburg gefilmte Seeigel hat Löcher in der Schale - vielleicht Fraßlöcher? Jedenfalls machte er trotzdem einen agilen Eindruck.
Der Seeigel hat kurze Stacheln, das Mundfeld ist auf der Unterseite wie bei den Seesternen. Er kann bis zu 16cm groß werden. Manchmal findet man versteinerte Tiere am Strand (mittig ein Feuerstein, an dessen einer Seite ein mir unbekanntes Lebewesen bei der Versteinerung ein Muster hinterlassen hat), leere Gehäuse werden sehr selten angespült, da sie zerbrechlich sind.
Seinen Namen hat er daher, dass die Geschlechtsorgane im oberen Teil des Körpers in einigen Ländern gegessen werden. Geschlechtsöffnungen und After sind folglich auf der Oberseite.
Er lebt von kleineren festsitzenden Tieren, z.B. Seepocken, die er abweidet mit seinen 5 Zähnen zentral an der Unterseite.

Rote Seegurke (Parastichopus tremulus): Seegurken haben eine weiche Oberfläche, da die Kalkeinlagerungen in der Haut sehr klein sind. Sie besitzen auch Ambulacralfüßchen (Saugfüßchen) wie Seestern und Seeigel, die bei einigen Arten sogar in 5 Längsreihen angeordnet sind - vgl die 5teilige Radialsymmetrie von Seeigel und Gemeinem Seestern. Um den Mund gibt es kleine Tentakeln, der After ist am anderen Ende des Tieres.
Wird eine Seegurke bedrängt oder angegriffen, kann sie einen Teil ihrer Innereien ausstoßen - auch dass soll den angreifenden Fressfeind ablenken, so dass die Seegurke sich entfernen kann. Die Innereien werden später neu gebildet.
Die hier abgebildete Rote Seegurke, die auf ihrem Rücken leider kaum rot ist, kann bis zu 50cm groß werden. Alle Saugfüßchen befinden sich auf der Unterseite. Am vorderen Ende, vorn im Bild, sind die Mundtentakeln zu sehen.


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Sessile (festsitzende) Tiere:
Tiere, die sich nicht fortbewegen können - diese Besonderheit gibt es nur unter Wasser. Diese Lebensform ist sehr bemerkenswert, gilt doch die Möglichkeit, den Standort (und damit den Lebensumstände) zu wechseln als wichtigster Unterschied zu den Pflanzen - und als großer Vorteil beim überleben. Die meisten Arten haben die Fähigkeit, ihren Standort zu wechseln, entweder im Laufe der Evolution verloren oder sind im adulten (erwachsenen) Lebensstadium sessil. Das heißt, die Larven schwimmen meist frei im Wasser und können so die Verbreitung der Art sicherstellen. Die Larvenstadien machen damit einen erheblichen Teil des Planktons aus.
Die bekanntesten sessilen Tiere sind Korallen, Schwämme und Seerosen, im Angespül der Nordsee findet man häufig Moostierchen.

Die Flache Seerinde (Mambranipora membranacea) gehört zu den Moostierchen. Sie bilden vor allem auf Algen und Tangen grau-weiße Kolonien: unter der Lupe sind die geometrisch-gefäßförmigen Einzeltiere sichtbar, die dicht an dicht siedeln. Ihre Wände sind teilweise verkalkt. Moostierchen fange ihr Nahrung, Schwebstoffe, aus dem Meer mit kleinen Tentakeln an der Oberseite. Einige der Tiere bilden "Turmzellen", das sind abgewandelte Individuen, die der Feindabwehr dienen (siehe beide Abb.). Die Art ist 'polymorph', das heißt, das die Arbeit in der Kolonie aufgeteilt wurde - ein erster Entwicklungsschritt hin zu mehrzelligen Organismen. Moostierchen vermehren sich meist ungeschlechtlich durch Knospung, sind aber in der Regel Zwitter und bilden auch ein geschlechtliches Larvenstadium, das frei im Wasser schwimmt. Auf der rechten Abb. siedeln die Moostierchen auf einer Rotalge. Seerinden werden z.B. von Seeschnecken abgeweidet.

Anhand der kleinsten Lebewesen unter den sessilen Tieren lässt sich die Evolution nachvollziehen: Heute lebende Arten können Modellvorstellungen für die Entwicklung vom Einzeller zum Vielzeller liefern.
Während der lavalen Lebensphase, die vorwiegend der Verbreitung der Art dient, ist das Moostierchen ein Einzeller - eine einzelne Zelle übernimmt alle Funktionen des Lebens: Stoff- und Energiewechsel, Wachstum, Reizbarkeit und Selbstregulation, Bewegung, Fortpflanzung und Entwicklung im Abschluss dieser Lebensphase.
Die koloniebildenden Lebewesen sind auf der ersten Stufe der Entwicklung zur Mehrzelligkeit: bei der Knospung eines Tieres löst sich die Tochterzelle nicht mehr von der Mutterzelle, eine Art Gewebe entsteht.
Folgerichtig erscheint der nächste Entwicklungsschritt: Einzelne Zellen in diesem 'Gewebe' erhalten eine besondere Aufgabe, in aller Regel Verteidigung oder sexuelle Fortpflanzung. Andere Zellen übernehmen dafür die Ernährung. Beispiele sind Moostierchen oder auch die folgend vorgestellten Schwämme und Manteltiere.
Bei ihnen lässt ich der nächste Schritt beobachten: Es bilden sich mehrschichtige Gewebe und zentrale Nervenknoten (ein Ganglion) zur Koordination.

Die Schwämme sind schon wesentlich komplexer gebaute Tiere - aber gehen wohl auf die ursprünglichsten mehrzelligen Tiere im Lauf der Evolution zurück.
Schwämme bestehen nur aus 3 unterschiedlichen Zelltypen:
1. Die Zellen der äußeren Deckschicht (Pinacoderm), die den Schwamm schützen,
2. amöbe Zellen, die im Körper des Schwammes umherwandern und Nahrung verteilen, als Geschlechtszellen dienen, zu Skelettzellen werden (Kalknadeln) oder als UrStammzellen dienen, aus denen die anderen Zelltypen hervorgehen.
Und 3. schließlich die Kragengeißelzellen, die mit dem Schlagen einer Geißel einen Wasserstrom durch den Schwamm erzeugen. Damit sorgen sie für den Stoffaustausch (Sauerstoff/Kohlenstoffdioxid) und die Ernährung. Schwämme gehören so der Gruppe der Filtrierer, wie z.B. auch die Muscheln.
Evolutionsbiologisch sind diese Kragengeißelzellen von besonderem Interesse: Es gibt nämlich Kragengeißeltierchen (Choanoflagellaten), die in Kolonien leben. Aus diesen Kolonien könnten z.B. die ersten mehrzelligen Tiere hervorgegangen sein.

Brotkrumenschwamm (Halichondria panicea): Weit verbreitet, wird ca. 1 Jahr alt und kann bis zu 30cm große, ca 1cm dicke Beläge auf Hartsubstrat und Algen bilden. Kann auch grünlich gefärbt sein aufgrund seiner Symbiose mit einzelligen Grünalgen - die versorgen ihn mit Zucker aus der Photosynthese, der Schwamm bietet einen geschützten Lebensraum und stete Frischwasserversorgung sowie Stoffwechselendprodukte des Schwamms (Stickstoffverbindungen und CO2). Größere Öffnungen auf den Ausstülpungen sind Ausstromöffnungen, eingeströmt wird das Wasser durch zahlreiche kleine Löcher.  -  


Das fällt vermutlich schwer zu glauben: Diese Manteltiere, benannt nach der äußeren Hülle um das gesamte Tier, kommen unseren Vorstellungen eines Tieres von allen 'festsitzenden Tieren' vermutlich am nächsten - sie besitzen ein Jugendstadium, das eine Art Wirbelsäule aufweist.
Dieses Jugendstadium ist frei beweglich und kann schwimmend im Meer neue Lebensräume besiedeln (Ausbreitung). Mit dem 'Erwachsenwerden' setzt sich das Tier auf Hartsubstraten wie Steinen fest und wandelt sich zu einer adulten Seescheide um. Sind die Bedingungen optimal, vermehren sich Seescheiden vegetativ durch Tochtersprosse.
Diese Schlauchseescheiden (Ciona intestinalis), bis zu 15cm groß, sind typische Vertreter der Manteltiere: Sie besitzen eine Mund- und eine Ausstromöffnung auf einem sackförmigen Körper. Durch die Mundöffnung gelangt das durchströmende Wasser mit Nahrungspartikeln erst in den Kiemensack, der trotz des Namens vor allem die Nahrungspartikel herausfiltert. Ein Gefäßsystem für die Sauerstoffversorgung haben Manteltiere nicht, da ihre ruhige Lebensweise keinen schnellen Stoffaustausch erfordert. Der im Wasser gelöste Sauerstoff diffundiert so in das Gewebe. Ein Röhrenherz sorgt für Bewegung der Körperflüssigkeit. Darunter befinden sich Verdauungsorgane und Gonaden (Fortpflanzungsorgane). Seescheiden sind Zwitter. Durch die Ausstromöffnung werden schließlich auch Exkretions- und Geschlechtsprodukte abgegeben. Ein kleines Nervenzentrum zwischen den beiden öffnungen sorgt für eine gewisse Reizempfindlichkeit.
Seescheiden sind durch ihre Lebensweise sehr erfolgreich und auch artenreich, wie ein Bildersuche bei einer Suchmaschine eindrucksvoll verdeutlicht.

Blumentiere (Anthozoa) gehören zum Stamm der Nesseltiere (Cnidaria) wie auch Quallen und Korallen. Sie haben einen charakteristischen Körperbau: Ein hohler Zylinder, der auf einer Fußplatte steht, die das Tier am Substrat befestigt und auf der anderen Seite eine Mundöffnung, häufig mit Tentakeln darum. Typisch sind die namensgebenden Nesselzellen, die der Feindabwehr und dem Beutefang (Betäubung) dienen. Die Durchschlagskraft ist allerdings sehr unterschiedlich, so dass auch eine eventuelle Gefährdung von Menschen nicht pauschal angegeben werden kann.
Die Seedahlie (Urticina felina), auch Dickhörnige Seerose genannt, kann enorm unterschiedlich gefärbt sein. Die Tentakeln haben 2-3 weiße Querstreifen, ebenfalls weißliche Streifen ziehen sich vom Mund zu den Rändern. Sie kommt auf Hartböden unter der Niedrigwasserlinie vor, häufig in Gezeitentümpeln (Bei Ebbe bleibt in diesen Tümpeln Meerwasser stehen)- auch ein Trockenfallen macht ihr nichts aus. Dann zieht sie ihre bis zu 150 Tentakeln ein. Mit den Tentakel fängt sie Würmer, kleine Krebse, kleine Fische und Garnelen, lähmt diese mit Nesselzellen und führt sie der Mundöffnung in der Mitte der Tentakelkrone zu.
Mit der Fußscheibe kann sie sich langsam bewegen. Ihre Eier werden im Innenraum befruchtet und können so lange dort bleiben, bis sich kleine Jungtiere entwickelt haben.

Links: Eine Witwenrose (Sagartiogeton undatus), die an den bis 200 schlanken langen Tentakeln zu erkennen ist. Die Mundscheibe in der Mitte hat eine charakteristische Zeichnung. Der Name stammt daher, dass die Tentakeln schmale schwarze Längsstreifen haben, die auf der Vergrößerung (Klick) zu sehen sind. Witwenrosen werden bis zu 10cm hoch und leben in sandgefüllten Ritzen von felsigen Meersböden oder Gezeitentümpeln. Die Tiere graben sich dann bis zur Tentakelkrone im Sand ein.

Rechts: Eine Seenelke (Metridium senile). Bis zu 20cm hoch, kann sich auf die Hälfte zusammenziehen. Die Tentakelkrone zählt bis zu 1000 feine Arme, die auch Nesselzellen enthalten. Kann sich auch ungeschlechtlich durch Knospung vermehren, der so entstandene Nachwuchs kriecht dann langsam mit der Fußscheibe weg. Vorkommen ebenfalls ab Niedrigwasserlinie abwärts.

Auch das hier sind Tiere, jeweils eine ganze Kolonie von Polypen, jeder 6-8mm groß: Sie heißt ToteMannsHand oder Lederkoralle (Alcyonium digitatum), und gehört zu den Weichkorallen, da kein Kalkskelett angelegt wird. Ähnlich wie die Schwämme hat sie kleine Kalknadeln, Sklerite genannt, im Körper, der von Gängen durchzogen ist. Ihren interessanten Namen hat sie wegen der Ähnlichkeit mit einer Männerhand, wenn sie als Beifang im Netz liegt. Die durchsichtigen Polypenköpfe mit den 8 Tentakeln und dem durchsichtigen Verdauungstrakt im Stil überziehen die gesamte Oberfläche (vgl. Bild rechts, Klick auf die Abb. für Vergrößerung) und werden bei Berührung eingezogen. So zum Beispiel, wenn man sie mit dem Netz aus der Tiefe holt und die Koralle leicht rosa schimmert, so bleich, wie ein Stück einer Wasserleiche aussehen könnte.


Auf einem kleinen Sandriff liegen sie zusammen: Seestern, Katzenhai, Seerose und ToteMannsHand (unten links, etwas unscharf). Die Seerose hat sich gerade in ihren Fuß zurückgezogen - eine reflexartige Reaktion, die bei Gefahr dem Verlust von Tentakeln vorbeugt. Hier stieß kurz vor der Aufnahme der Katzenhai dagegen.


Die folgenden Tiere gehören alle zu der Gruppe der Polichaeten (Vielborster), so unterschiedlich sie auch aussehen mögen. Auch der Wattwurm Arenicola gehört noch dazu.
a) Der Pfauenwurm (Sabella penicillus) bewegt seine Tentakeln sehr elegant, um Sinkstoffe als Nahrung aus dem Wasser zu filtern und der Mundöffnung zuzuführen. Die rot bis lila gestreifte Tentakelkrone (nur in der Vergrößerung zu sehen - Klick auf Abb.) kann bis zu 10cm Durchmesser erreichen, der Pfauenwurm bis zu 20cm Größe. Er wohnt in einer Lehmröhre, die er aufrecht auf Steinen oder Schalen baut.  -  
b) Seemaus (Aphrodita aculeata): Kann bis zu 15cm groß werden, mit filzartigen Borsten bedeckt. Sie lebt meist versteckt am und im Boden ab 10m Wassertiefe oder auch in Prielen des Wattenmeeres und durchsucht die obere Sandschicht nach Würmern und Mollusken. Nur nachts kommt sie an die Oberfläche des Bodens.   -  
c) Nicolea zostericola: Ein Ringelwurm, der bis zu 5cm lang werden kann, mit zwei kurzen, unscheinbaren roten Außenkiemen am oberen Ende bei der Tentakelkrone. Der rote Magen ist durch die durchsichtige Außenhaut zu sehen (vgl. Film - Klick auf die Abb.). Nicolea lebt in einer dünnen, an Algen angehefteten Wohnröhre, die aus Lehmpartikeln und kleinen Sandkörnchen besteht, die mittels Drüsensekreten verleimt sind.



Krebse: Hier sind höhere Krebse zu sehen, die einen zentralen Panzer besitzen, und zur Ordnung der Dekapoda gehören: der Zehnfußkrebse. Typisch sind die 2 Paar Antennen vorn, dann folgend 1 Paar Scheren, 4 Paar Schreitbeine und 5 Hinterleibsbeinpaare. Damit ist das Bauprinzip der Segmentierung als relikt zu erkennen: Die Unterteilung des Körpers in primär gleichartige Abschnitte.

Die Nordseegarnele (Crangon crangon), meist "Krabbe" genannt, schmeckt nicht nur gekocht und gepuhlt auf Krabbenbrötchen, sondern sieht lebendig auch noch hübsch aus (auf den Bildern ist allerdings die Felsengarnele (Palaemon elegans) zu sehen). Bis zu 8cm kann eine Krabbe groß werden, auffällig ist das sehr lange Fühlerpaar. Normalerweise sind sie durchsichtig, können sich aber mit Pigmentzellen im Panzer hervorragend an die Farbe des Untergrundes anpassen. Das rechte Bild gibt einen Eindruck von den guten Tarnfähigkeiten der Garnelen. Erst nach dem Kochen wird die Krabbe so rötlich, wie wir sie auf dem Krabbenbrötchen kennen.
Krabben leben auf weichen Böden im Wattenmeer und, wenn sie älter werden bzw. im Winter, auch in der tieferen Nordsee. Nordseegarnelen sind nachtaktiv.
Durch die immer ausgedehntere Befischung (inzwischen ganzjährig) scheint der Bestand deutlich zurück zu gehen (zumindest lassen das die zurückgehenden Fangmengen der Fischer vermuten).
"Krabben" werden im Wattenmeer mit Kuttern mit Schleppnetzen gefangen, an Bord sortiert und gekocht und dann industriell oder als Nahrungsmittel verkauft. Leider gibt es bei der Krabbenfischerei extrem viel Beifang - bis zu 70%. Außerdem wühlen die verwendeten Baumkurren den Meersboden stark auf. Bekannt ist der seit vielen Jahren praktizierte Unsinn, die Krabben zum puhlen mit LKWs nach Marokko zu fahren - und anschließend wieder zurück, da die Urlauber das Krabbenbrötchen am Hafen essen wollen.

Der Einsiedlerkrebs (Pagurus bernhardus) ist eine Besonderheit unter den Krebsen: er lebt in Schneckenhäusern, um sein weiches Hinterteil zu schützen. Aufgrund ihres Wachstums müssen die Krebse häufig 'umziehen' - also ein neues, größeres Schneckenhaus suchen. Auf den Gehäusen wachsen neben Seepocken häufig kleine Polypen (Nesseltierchen) der Art Hydractinia echinata - sie leben in Symbiose (Gemeinschaft) mit dem Einsiedlerkrebs: die mitreisenden Mitbewohner bekommen gelegentlich Nahrungsreste und frisches Wasser, für den Krebs bieten die Nesseltiere eine Art Verteidigung.
Einsiedlerkrebse werden bis zu 10cm groß, leben in Prielen, Gezeitentümpeln und am Meeresgrund unterhalb der Niedrigwasserlinie. Sie haben zwei ungleiche Scherenpaare: mit der größeren Knackschere verschließen sie bei Angriffen die öffnung der Muschel, in die sie sich komplett zurückziehen können. Die kleinere Greifschere dient dem Zuführen von Nahrung zum Mund.

Der Panzer der Strandkrabbe (Carcinus maenas) wird bis zu 7cm breit. Da Strandkrabben bei Ebbe häufig in den kleinen Gezeitentümpeln an Molen und Brücken zurückbleiben, 'angeln' und spielen Kinder im Urlaub an der Nordsee gerne mit ihnen - die Strandkrabbe ist damit vielleicht das Tier auf dieser Seite, dass man am ehesten einmal in die Hand nehmen kann. Auf dem trockenen Wattboden ausgesetzt kann man gut beobachten, wie schnell Strandkrabben sich eingraben können. Strandkrabben sind nachtaktiv und Allesfresser. Erwachsene Tiere häuten sich einmal im Jahr, Jungtiere entsprechend häufiger. Die Eier werden vom Weibchen (rechtes Bild) unter dem eingeklappten Schwanz getragen.

Das sind Taschenkrebse (Cancer pagurus). Die Oberseite ist meist ziegelrot gefärbt, die Unterseite hellocker, die Scherenspitzen charakteristisch schwarz. Der Name lässt sich auf 9 taschenförmige Einkerbungen am rechten und linken Rand des Rückenschildes zurückführen. Der Panzer des Krebses links ist von kleinen Algen bewachsen. Ein Taschenkrebs ernährt sich räuberisch von anderen Krebsen, Muscheln, Seesternen und Fischen und kann bis zu 20cm Größe erreichen. Im Sommer lebt er in flacheren Gewässern (1 - 30m) auf sandigem Untergrund, im Winter zieht er sich in größere Tiefen (bis 100m) zurück. Bei der Begattung übertragene Samenzellen werden vom Weibchen gespeichert und reichen für einige Laichperioden, während deren mehrere millionen Eier abgelegt werden.
Früher verkauften Kinder abgekochte Taschenkrebse auf der großen Treppe von Helgoland, die Unter- und Oberland verbindet. Die Krebse hatten die Väter als Beifang in den Hummerkörben. Die Scheren der Krebse werden auf Helgoland Knieper genannt und sind dort eine Delikatesse.

a) Links die Kleine (Nordische) Seespinne (Hyas araneus), sie gehört auch zu den Krebsen, wird gut 10cm groß. Seespinnen bewegen sich nur langsam fort und haben vergleichsweise kleine Scheren, deswegen tarnen sie sich in dem sie kleine Stückchen von Algen oder Schwämmen auf Stacheln des Rückenpanzers aufspießen bzw. mit Spucke festkleben. Ältere Seespinnen sind häufig sogar durch aufwachsende Organismen getarnt. Seespinnen ernähren sich von Seesternen.
b) Die Gespensterkrabbe (Macropodia rostrata): Körper bis 2cm lang, nach vorne zugespitzt; der Körper und die sehr langen Gliedmaßen in der Regel bewachsen, bewegt sich sehr langsam.
c) Die Schwarze Porzellankrabbe (Pisidia longicornis) ist zwar nur klein (15mm), aber eine Besonderheit: Auf den ersten Blick fehlt ihr ein Beinpaar - es gibt nur 3 Paare Schreitbeinpaare. Das letzte Paar ist verkleinert und zu einem Putzorgan umgewandelt, mit dem die Spinne Rücken und Beinansätze sauberhält. Das ist im Video (Klick auf das Bild) gut zu sehen.


Helgoländer Spezialitäten:


Es mag eine Enttäuschung sein: Der europäische Hummer (Homarus gammarus) ist nicht rot, sondern tiefblau gefärbt - erst beim Kochen bekommt er seine rote Farbe, wie auf dem oberen Bild zu sehen ist. Der im Panzer eingelagerte rote Farbstoff ist im lebenden Zustand von einem Protein überdeckt, das beim Kochen zerstört wird. Rote Hummer (z.B. im Disney-Film 'Arielle') sind amerikanische Hummer.

Der europäische Hummer ist auf Felsküsten mit zahlreichen Höhlen als Lebensraum angewiesen, dort können sie sich verstecken (Bild links). Aus den Höhlen kommt er nur nachts hervor, um zu jagen. Deswegen ist die Nordsee eigentlich kein geeigneter Lebensraum, es gibt drei voneinander getrennte Populationen an der norwegischen Küste, der schottischen Küste und natürlich bei Helgoland.
Hummer besitzen neben 4 Paar Schreitbeinen zwei Paar ungleich große Scheren- die große Knackschere zum öffnen hartschaliger Beute und die schmalere Greifschere, um die Nahrung dem Mund zuzuführen. Bei Verlust der Scheren (z.B. im Konkurrenzkampf) können diese bei den nächsten Häutung wieder neu angelegt werden (vgl. Bild links: alter, gekochter Hummer mit kleinen, neuen Scheren).


Hummer können sehr groß, müssen dazu aber auch sehr alt werden: Das Bild rechts zeigt eine Schautafel aus dem ehemaligen Aquarium des AWI auf Helgoland: Im ersten Jahr nach dem Schlupf sind die Hummer mit 7-8mmm winzig, häuten sich dann bis zu 2mal im Jahr und wachsen rasch. Ab ca. 10 Jahren werden die Abstände zwischen den Häutungen immer größer, vor allem die Scheren wachsen noch. Der Größte ist nahezu 50 Jahre alt und hat die maximale Größe von knapp 60cm erreicht.

Leider geht es den Hummern sehr schlecht: Der Hummer ist fast eine Art "Wappentier" der Helgoländer, fingen sie doch Jahrzehnte lang zehntausende dieser grossen Tiere und verkauften sie als Delikatesse (Bild unten rechts: historische Hummerkörbe im Museum Helgoland). Seit den 50er Jahren ist der Hummerbestand um Helgoland zusammengebrochen, es werden pro Saison nur noch einige Hundert gefangen. Wie konnte es dazu kommen?

Die Ursachen sind nicht genau bekannt, diskutiert werden:
- Zerstörung vieler natürlicher Höhlen am helgoländer Felssockel durch die massive Bombardierung im zweiten Weltkrieg und den Sprengungsversuch der Briten 1947
- Konkurrenz um die Höhlen durch den Taschenkrebs, dessen Bestand sich um Helgoland Jahr für Jahr mächtiger zeigt
- Überfischung der Nordsee, damit weniger Beute
- Ruhestörung durch die lauten Schiffsmotoren
- chemische Einwirkungen: so sollen schon wenige Tropfen Schweröl in der Nähe der Hummer deren chemotaktische Fähigkeiten lahm legen, die zur Nahrungssuche und insbesondere zur Paarung benötigt werden.

Sicher scheint zu sein, dass die Helgoländer Fischer nichts für das Ausbleiben der Hummer können. Ein Grund liegt auch bei den Hummern selber: Sie sind sehr kannibalisch veranlagt. Das hat auch Auswirkungen auf ein ambitioniertes Projekt zur Rettung der Hummer:
Um das Aussterben des Helgoländer Hummers zu verhindern, werden seit Jahren von Helgoländer Hummerfischern gefangene tragende Hummerweibchen im Ökolabor der Biologischen Anstalt Helgoland abgegeben und dort der Nachwuchs aufgezogen, so dass jedes Jahr ca. 1000 kleine Hummer ausgesetzt werden können, um den Bestand zu stabilisieren.
Bei dem Nachzuchtprojekt des AWI müssen alle Hummer einzeln gehalten werden, da sie sonst, vor allem sobald ein Tier sich häutet und mit einer neuen, butterweichen Schale aus dem alten Panzer schlüpft, übereinander herfallen. Nur in einem Fall geht das gut: Wenn es Herbst ist und ein Männchen ein frisch gehäutetes Weibchen trifft und in Brunftstimmung kommt, befruchtet es sie. Da die Aushärtung des Panzers bis zu einem Monat dauert, sollte es sich schnell davon machen. Das Weibchen behält den Sperma in einer Tasche bis zum folgenden Sommer bei sich, wenn sie 5.000 bis 40.000 Eier legt und befruchtet. Die Eier trägt es dann etwa ein Jahr unter seinem Schwanz mit sich, bis die Larven schlüpfen.
Wie bei vielen anderen Meerbewohnern auch bestimmt die Wassertemperatur recht genau die Paarungs- und Laichzeit der Hummer. Die Erwärmung der Nordsee in den letzten 50 Jahren kann also auch ein Faktor sein, der den Rückgang der Hummer verursacht, denn zu früh schlüpfende Hummerlarven finden in der Nordsee noch kaum Nahrung (Plankton) vor.

Bis heute hat das Aufzuchtprogramm leider keine messbaren Erfolge hervorgebracht. Die Forscher gehen davon aus, dass die Population um Helgoland insgesamt zu klein ist (sie ist 'unterkritisch') und sich deshalb nicht mehr vergrößern kann, weil die Hummer zu selten zur Paarung aufeinander treffen. Weit mehr Hummer müssten ausgesetzt werden: bis zu 250.000 in 5 Jahren. Das ist für eine Forschungseinrichtung zu teuer.
Die Forscher verlegen sich vorerst darauf, neue Lebensräume in der Nordsee zu besiedeln: an den Steinschüttungen am Windpark Riffgatt vor Borkum sind im Sommer 2014 Hummer ausgesetzt worden.





Asselspinnen: Die Asselspinnen gehören trotz ihres Namens nicht zu den Spinnen und kommen nur marin (im Meer) vor.
Dieses Tier heißt Achelia longipes, ist nur 10mm groß und ist keine Spinne - auch wenn die ganze Gruppe zu den Seespinnen gezählt wird. Typisch sind die langen starken Beine im Vergleich zum kleinen Körper. Diese sehr urtümliche Gruppe von Tieren ist ansonsten den Spinnen immerhin recht ähnlich - mit einem Exo(Außen-)skelett, aus Extremitäten abgewandelten Mundwerkzeugen und Klauen an den Enden der Beine. Weil im Körper so wenig Platz ist, befindet sich ein Teil der Gonaden (Fortpflanzungorgane) in den Beinen. Mit einem Klick auf das zweite Bild öffnet sich ein kleiner Film, der das Tier unter dem Binokular zeigt.


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